Stress ist mehr als eine emotionale Reaktion – er ist ein fein abgestimmter biologischer Mechanismus, der Energie mobilisiert und den Körper schützt. Wenn Belastung jedoch zum Dauerzustand wird, gerät die hormonelle Kommunikation zwischen Gehirn, Ovarien und Nebennieren aus dem Gleichgewicht. Der Körper verschiebt dann seine Prioritäten: kurzfristige Energie vor Regeneration und Fruchtbarkeit. Bewegung, Ernährung und Erholung wirken in diesem System wie regulierende Signale, die helfen, Balance und Anpassungsfähigkeit zu bewahren.
FemSportsHealth
von Dr. Christine Lohr
Menopause: Was die aktuelle Forschung neu versteht
Die Menopause rückt zunehmend in den Mittelpunkt der internationalen Forschung. Neue Studien zeigen, wie stark hormonelle Veränderungen mit Gehirn, Stoffwechsel und langfristiger Gesundheit verknüpft sind. Gleichzeitig wird sichtbar, wie viele Fragen bislang offen blieben und warum geschlechtersensible Forschung heute wichtiger ist denn je.
Beeinflusst hormonelle Verhütung den Nährstoffbedarf?
Hormonelle Verhütung wirkt nicht nur auf den Zyklus, sondern auch auf den Stoffwechsel. Studien zeigen, dass sich unter oraler Verhütung die Konzentrationen bestimmter Vitamine und Mineralstoffe verändern können, etwa von Folat, Vitamin B12, Magnesium oder Zink. Diese Mikronährstoffe sind zentral für Energiegewinnung, Zellfunktion und Regeneration. Eine ausgewogene, eiweißreiche Ernährung hilft, mögliche Ungleichgewichte auszugleichen und den Körper in Balance zu halten.
Das Ovar als sensibles Stressorgan. Neue Einblicke in die Verbindung zwischen Nervensystem, Hormonen und Alterungsprozessen
Aktuelle Forschung zeigt, dass das Ovar weit mehr ist als ein hormonelles Steuerorgan. Es steht in enger Verbindung mit dem Nervensystem und reagiert auf Stress, Schlaf und Lebensrhythmus. Neue 3D-Analysen belegen, dass feine Nervenfasern tief ins Gewebe reichen und die hormonelle Aktivität beeinflussen. Damit rückt das Ovar in den Fokus als Teil eines komplexen Netzwerks zwischen Gehirn, Hormonen und Stoffwechsel.
Longevity Teil 2: Von Rhythmus, Hormonen und Muskulatur
Rhythmus bleibt das Fundament der Gesundheit. Er strukturiert Stoffwechsel, Hormone und Erholung und bildet damit eine der zentralen Säulen einer stabilen Gesundheitsspanne. Erst wenn Aktivität und Regeneration in Balance sind, können sich die physiologischen Prozesse entfalten, die den Körper langfristig gesund und anpassungsfähig halten.
Frauen in der Herz-Kreislauf-Forschung: Doppelt benachteiligt ab der Lebensmitte
Frauen sind in Herz-Kreislauf-Studien weiterhin deutlich unterrepräsentiert, besonders ab der Lebensmitte, wenn ihr Erkrankungsrisiko durch die hormonellen Veränderungen der Wechseljahre steigt. Das bedeutet eine doppelte Benachteiligung: erhöhtes Risiko bei gleichzeitig fehlender Evidenz für eine wirksame Versorgung.
Longevity Teil 1: Warum Frauen länger leben und was das für die Gesundheit bedeutet
Frauen leben im Schnitt länger als Männer, verbringen diese zusätzlichen Jahre jedoch häufiger mit chronischen Erkrankungen. Die Gründe liegen in biologischen Mechanismen wie Genetik, Mitochondrien, Immunabwehr und Mikrobiom – sowie im Wendepunkt der Menopause. Longevity bedeutet daher nicht nur mehr Lebenszeit, sondern vor allem die Frage, wie viele Jahre in guter Gesundheit gestaltet werden können.
Testosteron in den Wechseljahren. Das vergessene Hormon?
Testosteron ist auch für Frauen ein wichtiges Hormon. In den Wechseljahren sinken die Spiegel langsam ab, was sich auf Libido, Muskel- und Knochengesundheit auswirken kann. Gesichert ist die Wirksamkeit derzeit nur für die Behandlung der Hypoactive Sexual Desire Disorder, während andere mögliche Effekte noch nicht ausreichend belegt sind. Forschungslücken, fehlende Zulassungen und Gender Bias führen dazu, dass Frauen weiterhin auf Off-Label-Präparate angewiesen sind.
Perimenopause. Übergangsjahre im Fokus
Die Perimenopause ist eine Übergangsphase mit hormonellen Schwankungen, die Körper und Gesundheit langfristig prägen. Ernährung, Training, Regeneration und Schlaf sind zentrale Stellschrauben, eine Hormontherapie kann zusätzlich unterstützen. Fundierte Aufklärung ist entscheidend, um Mythen von belegten Fakten zu unterscheiden.
SRY-Test und Fairness. Neue Regeln im Leistungssport
Ab dem 1. September 2025 gilt bei World Athletics ein neuer Maßstab: Ein einmaliger genetischer Test auf das SRY-Gen entscheidet über die Startberechtigung in der Frauenkategorie. Damit verschiebt sich die Debatte von hormonellen Grenzwerten hin zu genetischen Kriterien mit weitreichenden Folgen für Athletinnen mit Variationen der Geschlechtsentwicklung. Menschenrechtsorganisationen kritisieren die Regel als diskriminierend, während Gerichte wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zentrale Verletzungen von Persönlichkeitsrechten feststellen. Die Frage, wer im Sport als Frau gilt, bleibt damit nicht nur biologisch, sondern auch politisch und gesellschaftlich umkämpft.
