Menopause: Was die aktuelle Forschung neu versteht

Okt. 31, 2025 | FemSportsHealth

von Dr. Christine Lohr

Warum neue Erkenntnisse helfen, diese Lebensphase besser zu verstehen und einzuordnen.

Die Menopause ist längst kein Randthema mehr. Weltweit wächst das Interesse an der Frage, wie hormonelle Übergänge Gesundheit, Leistungsfähigkeit und langfristige Prävention beeinflussen. In vielen Ländern entstehen neue Forschungsprogramme. Gleichzeitig wird sichtbar, wie groß die historischen Lücken tatsächlich sind. Frauen verbringen heute mehr als ein Drittel ihres Lebens in der Postmenopause, doch ein Großteil der physiologischen Grundlagen wurde erst in den vergangenen zehn bis fünfzehn Jahren systematisch untersucht. Dieser Beitrag fasst zentrale Entwicklungen zusammen, die aktuell international diskutiert werden. Der Fokus liegt auf wissenschaftlichen Trends, die ohne Spekulation auskommen und in den nächsten Jahren eine wichtige Rolle spielen dürften.

Warum die Menopause-Forschung gerade Fahrt aufnimmt

Die Menopause rückt stärker in den Mittelpunkt der Wissenschaft, weil mehrere Entwicklungen zusammenwirken. Die demografische Veränderung führt dazu, dass weltweit mehr Frauen länger leben und insgesamt mehr Lebensjahre nach dem Ausbleiben der Menstruation verbringen7. Gleichzeitig wird deutlicher, dass hormonelle Umstellungen zahlreiche Körpersysteme betreffen. Der Einfluss auf Gehirn, Herz, Knochen, Muskulatur und Stoffwechsel ist gut dokumentiert8.

Ein weiterer Faktor ist die zunehmende Kritik an Gender Bias. Viele Krankheitsmodelle basierten über Jahrzehnte auf männlichen Datensätzen. In Studien zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen, sportwissenschaftlichen Fragestellungen und sogar in grundlegenden Stoffwechselstudien waren Frauen häufig ausgeschlossen7. Erst in den vergangenen Jahren wird dieser Schwerpunkt korrigiert.

Eine politische Dimension spielte ebenfalls eine Rolle. Unter der Trump-Regierung wurden Fördermittel im Bereich Frauen- und Geschlechterforschung reduziert, was die Sichtbarkeit des Themas zeitweise erschwert3. Erst in den vergangenen Jahren haben Institutionen wie das NIH ihre Förderlinien gezielt erweitert und stärker auf geschlechtersensible Forschung ausgerichtet7.

Parallel gewinnt die Longevity-Forschung an Bedeutung. Wissenschaftliche Arbeiten zu gesundem Altern, metabolischer Resilienz und Gehirngesundheit fokussieren zunehmend auf die Frage, warum der Verlust der ovariellen Hormonproduktion so weitreichende biologische Veränderungen auslöst8. Dadurch entsteht eine neue Dynamik, die sich in vermehrten Publikationen, internationalen Konferenzen und interdisziplinären Projekten zeigt.

Die neuen Forschungsrichtungen – was gerade entsteht

Die aktuellen Entwicklungen lassen sich in drei zentrale Forschungsfelder gliedern. Sie werden international diskutiert und bilden die Grundlage für zahlreiche neue Projekte.

a) Ovarian Aging als wissenschaftliches Feld

Ein Schwerpunkt der aktuellen Forschung ist das sogenannte Ovarian Aging. Dabei geht es darum zu verstehen, warum die Funktion der Eierstöcke früher endet als die der meisten anderen Organe10. Genetische Faktoren, mitochondriale Veränderungen und immunologische Mechanismen spielen eine zentrale Rolle6. Ziel ist es, die biologischen Prozesse besser zu verstehen und zukünftige Therapieoptionen zu entwickeln.

Die Forschung geht dabei nicht von der Idee aus, Alterungsprozesse rückgängig zu machen. Vielmehr steht im Vordergrund, Mechanismen zu entschlüsseln, die erklären, warum der Hormonentzug in so vielen Systemen des Körpers sichtbar wird10.

b) Neue Formen der Hormontherapie

Neben etablierten Therapieformen entstehen neue Ansätze für eine individuellere hormonelle Versorgung. Dazu gehören weiterentwickelte Östrogenrezeptor-Modulatoren, neuroprotektive Östrogenanaloga und optimierte transdermale Systeme7. Auch personalisierte Dosierungsmodelle rücken stärker in den Fokus7.

In den Diskussionen zeigt sich eine deutliche Verschiebung hin zu differenzierten Entscheidungen. Alter, Zeitpunkt der Menopause, individuelle Risikofaktoren und persönliche Zielsetzungen spielen eine zunehmende Rolle5.

c) Die Schnittstelle zwischen Gehirn, Hormonen und Stoffwechsel

Ein dynamisches Forschungsfeld beschäftigt sich mit der Interaktion zwischen Hormonen, neuronaler Signalverarbeitung und Stoffwechsel. Östrogenrezeptoren sind in zahlreichen Hirnregionen aktiv, die an Gedächtnis, Schlafregulation, emotionaler Verarbeitung und Energiehaushalt beteiligt sind1. Neue bildgebende Verfahren ermöglichen detailliertere Einblicke in neurobiologische Veränderungen während der Peri- und Postmenopause1.

Parallel untersucht die Forschung, wie metabolische Signalwege mit hormonellen Veränderungen interagieren. Dazu gehören Insulinsensitivität, Lipidstoffwechsel, Muskelsignale und entzündliche Prozesse10. Diese Forschung ist besonders relevant für aktive Frauen.

Was bedeutet das für Frauen heute?

Die aktuellen Entwicklungen zeigen eine klare Richtung. Die Menopause-Forschung wird breiter, interdisziplinärer und differenzierter. Das bedeutet nicht, dass etablierte Maßnahmen an Bedeutung verlieren. Training, Ernährung, Schlaf, Stressregulation und präzise medizinische Beratung bleiben zentrale Bausteine4.

Aus praktischer Sicht profitieren Frauen davon, wenn sie frühzeitig informiert werden und verstehen, wie sich Veränderungen im Hormonstoffwechsel auf Körper, Gehirn und Alltag auswirken können. Besonders in der Perimenopause entsteht ein Zeitfenster, in dem präventive Strategien große Wirkung entfalten können9.

Dazu gehören intensives Krafttraining, ausreichende Proteinzufuhr, regelmäßige Regeneration, thermoregulatorische Strategien und die Auseinandersetzung mit möglichen Therapieformen2.

Gleichzeitig bleibt die Herausforderung bestehen, dass viele Forschungsergebnisse nicht unmittelbar im klinischen Alltag ankommen. Das betrifft insbesondere aktive Frauen, da sie in Studien weiterhin unterrepräsentiert sind9. Die Lücke ist wissenschaftlich relevant und ein zentraler Ansatzpunkt für Aufklärung und Beratung.

Fazit

Die aktuelle Forschung zeigt eindrucksvoll, wie komplex und gleichzeitig gestaltbar diese Lebensphase ist. Viele Veränderungen lassen sich besser verstehen, wenn wir sie nicht als Bruch betrachten, sondern als Übergang, der Wissen, Orientierung und manchmal auch ein neues Selbstverständnis benötigt. Für viele Frauen entsteht genau hier der Impuls, Routinen anzupassen, Prioritäten zu klären und die eigene körperliche und mentale Gesundheit bewusster zu begleiten.

Wichtig bleibt, dass niemand diesen Prozess allein einordnen muss. Wissenschaft kann Orientierung geben, doch was im Alltag funktioniert, entsteht oft im Zusammenspiel aus Wissen, Erfahrung und individueller Lebenssituation. Die Menopause ist kein Ausnahmezustand, sondern ein biologischer Abschnitt, der mit Klarheit, guter Begleitung und realistischen Erwartungen deutlich leichter zu navigieren ist.

Quellen:

1. Bonkhoff AK, Coughlan G, Perosa V, Alhadid K, Schirmer MD, Regenhardt RW, van Veluw S, Buckley R, Fox MD, Rost NS. Sex differences in age-associated neurological diseases-A roadmap for reliable and high-yield research. Science Advances. 2025;11(10):eadt9243. eng. doi:10.1126/sciadv.adt9243.
2. Davis SR, Taylor S, Hemachandra C, Magraith K, Ebeling PR, Jane F, Islam RM. The 2023 Practitioner’s Toolkit for Managing Menopause. Climacteric. 2023;26(6):517–536. eng. doi:10.1080/13697137.2023.2258783.
3. Giuliana Grossi. HHS Cuts Funding for NIH-Based Women’s Health Initiative Threatening Decades-Long Study | AJMC. [place unknown]: [publisher unknown]; 2025 [updated 2025 Oct 31; accessed 2025 Oct 31]. https://www.ajmc.com/view/hhs-cuts-funding-for-nih-based-women-s-health-initiative-threatening-decades-long-study.
4. Hemachandra C, Taylor S, Islam RM, Fooladi E, Davis SR. A systematic review and critical appraisal of menopause guidelines. BMJ Sex Reprod Health. 2024;50(2):122–138. eng. doi:10.1136/bmjsrh-2023-202099.
5. Iyer TK, Manson JE. Recent Trends in Menopausal Hormone Therapy Use in the US: Insights, Disparities, and Implications for Practice. JAMA Health Forum. 2024;5(9):e243135. eng. doi:10.1001/jamahealthforum.2024.3135.
6. Motta F, Di Simone N, Selmi C. The Impact of Menopause on Autoimmune and Rheumatic Diseases. Clin Rev Allergy Immunol. 2025;68(1):32. eng. doi:10.1007/s12016-025-09031-8.
7. Peeples L. The new science of menopause: these emerging therapies could change women’s health. Nature. 2025;637(8047):782–784. eng. doi:10.1038/d41586-025-00069-4.
8. The L. Time for a balanced conversation about menopause. The Lancet. 2024;403(10430):877. eng. doi:10.1016/S0140-6736(24)00462-8.
9. Wang Y, Miao X, Viwattanakulvanid P. Effects of a therapeutic lifestyle modification intervention on cardiometabolic health, sexual functioning and health-related quality of life in perimenopausal Chinese women: protocol for a randomised controlled trial. BMJ Open. 2024;14(4):e082944. eng. doi:10.1136/bmjopen-2023-082944.
10. Wu C, Chen D, Stout MB, Wu M, Wang S. Hallmarks of ovarian aging. Trends Endocrinol Metab. 2025;36(5):418–439. eng. doi:10.1016/j.tem.2025.01.005.