Ernährung in der Lebensmitte (Teil 3): Mikronährstoffe, Kreatin & Mahlzeitenstruktur – Ernährung als Ressource im Alltag

Apr. 16, 2025 | Ernährung, FemSportsHealth, Menopause, Perimenopause, Wissenschaft

von Dr. Christine Lohr

Wie gezielte Nährstoffe, Kreatin und Essrhythmen Gesundheit und Energie im Alltag und Training unterstützen können

Wie kann Ernährung dazu beitragen, körperliche Prozesse zu stabilisieren, Energie im Alltag verfügbar zu machen und Selbstwirksamkeit zu fördern? In dieser abschließenden Folge unserer Reihe liegt der Fokus auf Mikronährstoffen, Kreatin und Mahlzeitenstruktur – mit dem Ziel, wissenschaftlich fundierte Empfehlungen alltagstauglich zu übersetzen. Mikronährstoffe, Kreatin und Mahlzeitenstruktur – Alltag bewusst gestalten.

Nach dem physiologischen Einstieg (Teil 1) und dem Fokus auf Makronährstoffe (Teil 2) richtet sich der Blick im dritten und abschließenden Teil dieser Reihe auf Substanzen, die klein in der Dosierung, aber groß in ihrer Wirkung sind. Im Mittelpunkt stehen Mikronährstoffe, Kreatin als funktioneller Baustein im Energiestoffwechsel sowie alltagstaugliche Strategien für Struktur und Timing der Mahlzeiten. Dabei konzentrieren wir uns bewusst auf ausgewählte Mikronährstoffe, die in Zeiten hormoneller Umstellungen und zunehmender Alltagsbelastung besondere Relevanz gewinnen – ohne dabei den Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben.

Mikronährstoffe: Kleine Substanzen mit großer Wirkung

Sie werden nur in kleinen Mengen benötigt – und sind dennoch unverzichtbar. Mikronährstoffe stabilisieren Knochen, Muskeln, Immunsystem und den Energiestoffwechsel. Besonders in Phasen physiologischer Umstellung steigt ihre Relevanz.

Vitamin D spielt eine zentrale Rolle für den Knochenstoffwechsel, die Immunabwehr und die Muskelfunktion6. Ein Mangel ist weit verbreitet – insbesondere in den sonnenarmen Monaten, aber nicht nur in der zweiten Lebenshälfte. Auch jüngere Frauen können betroffen sein, insbesondere bei niedriger Sonnenexposition, dunklerer Hautfarbe oder vegetarischer bzw. veganer Ernährung. Eine individuell abgestimmte Supplementierung ist oft sinnvoll und sollte idealerweise laborgestützt erfolgen.

Zunehmend rückt auch Vitamin K2 in den Fokus: In Kombination mit Vitamin D könnte es die Einlagerung von Calcium gezielter in die Knochen unterstützen und gleichzeitig die Gefäßgesundheit schützen. Studien zeigen erste Hinweise auf einen positiven Effekt bei der Kombination beider Vitamine, etwa in Bezug auf Knochendichte und Reduktion von Frakturrisiken, vor allem in der späteren Lebensphase4.

Magnesium ist an über 300 enzymatischen Reaktionen beteiligt. Es beeinflusst die Muskelkontraktion, Energieproduktion und Stresstoleranz. Der tägliche Bedarf liegt für Frauen bei etwa 300 bis 320 mg und steigt bei körperlicher Belastung oder hohem Stresslevel. Gute Quellen sind grünes Blattgemüse, Nüsse, Hülsenfrüchte und magnesiumreiches Mineralwasser. Bei Nahrungsergänzungsmitteln gibt es unterschiedliche Verbindungen, deren Verträglichkeit und Aufnahme variieren können. Magnesiumcitrat und -glycinat gelten als gut löslich, während Oxidformen tendenziell schlechter aufgenommen werden – auch wenn die Frage der Bioverfügbarkeit bislang nicht abschließend geklärt ist2.

Calcium bleibt in der Postmenopause ein kritischer Faktor. Der Östrogenrückgang beschleunigt den Knochenabbau – umso wichtiger ist eine regelmäßige Zufuhr über die Ernährung. Der empfohlene Tagesbedarf liegt bei etwa 1.000 Milligramm4. Bei ausgewogener Ernährung kann dieser Bedarf in der Regel über Lebensmittel gedeckt werden: Brokkoli, Grünkohl, Sesam, Mandeln und Milchprodukte zählen zu den besonders calciumreichen Quellen. Auch bestimmte Mineralwässer enthalten relevante Mengen an Calcium und können zur Versorgung beitragen – insbesondere, wenn sie mehr als 150 mg Calcium pro Liter enthalten.

Auch Eisen, Zink, B-Vitamine oder Jod können je nach Lebensstil und Gesundheitsstatus relevant sein10. Die Devise lautet: gezielt statt pauschal. Eine laborgestützte Diagnostik bildet die beste Grundlage für individuelle Entscheidungen.

Kreatin: Mehr als ein Supplement für Kraftsport

Kreatin ist formal kein Mikronährstoff, aber ein funktioneller Baustein im Energiestoffwechsel mit wachsender Relevanz für Frauen über die gesamte Lebensspanne hinweg9. Es wird aus den Aminosäuren Glycin, Arginin und Methionin gebildet und zu etwa 95 % in der Muskulatur gespeichert. Frauen weisen im Vergleich zu Männern tendenziell geringere Kreatinspeicher auf, was die Bedeutung einer ausreichenden Versorgung weiter unterstreicht9. Als kurzfristiger Energiespeicher ist Kreatin besonders bei intensiven Belastungen wirksam – im Training wie auch im Alltag.

Studien zeigen, dass eine Kreatinsupplementierung nicht nur den Erhalt von Muskelmasse und Knochendichte unterstützen kann, sondern auch positive Effekte auf kognitive Funktionen hat: insbesondere auf das Arbeitsgedächtnis, mentale Verarbeitungsgeschwindigkeit und die sogenannte geistige Ermüdung (mental fatigue)3. Diese Effekte scheinen besonders dann relevant zu sein, wenn der Körper bereits belastet ist, z. B. durch Schlafmangel, hohen Alltagsstress oder in hormonellen Umstellungsphasen.

Auch erste Hinweise auf eine positive Wirkung auf die Zusammensetzung des Mikrobioms mehren sich. Kreatin könnte demnach nicht nur systemisch, sondern auch auf der Ebene der Darmgesundheit Einfluss nehmen – ein Bereich, der aktuell noch intensiv erforscht wird7.

Besonders bei vegetarischer oder veganer Ernährung sind die endogenen Speicher meist geringer gefüllt1. Das kann – auch ohne klinischen Mangel – die Leistungsfähigkeit beeinflussen. Eine Supplementierung mit 3–5 g täglich (z. B. als Kreatinmonohydrat) gilt als sicher und gut verträglich, insbesondere bei regelmäßigem Krafttraining8. Bedenken hinsichtlich einer Nierenbelastung gelten bei gesunden Personen als unbegründet, wie zahlreiche Studien belegen9.

Mahlzeitenstruktur und Timing: Rhythmen statt Regeln

Eine ausgewogene Mahlzeitenstruktur ist mehr als reine Organisation – sie wirkt regulierend auf Stoffwechselprozesse, fördert die muskuläre Regeneration und stabilisiert Blutzucker- und Cortisolverläufe. Besonders in hormonellen Umstellungsphasen kann ein klarer Rhythmus dazu beitragen, Appetitregulation, Energieverfügbarkeit und Schlafqualität positiv zu beeinflussen11.

Drei proteinreiche Hauptmahlzeiten bilden das Fundament eines stabilen Tagesrhythmus:

  • Ein ausgewogenes Frühstück mit Eiweiß und komplexen Kohlenhydraten kann den natürlichen Cortisolanstieg am Morgen abfedern und die Blutzuckerstabilität fördern.
  • Die Kombination aus Proteinen und Kohlenhydraten zu Mittag- und Abendessen unterstützt eine gleichmäßige Energieversorgung und hilft beim Erhalt von Muskelmasse.
  • Eine leichte, eiweißreiche Abendmahlzeit unterstützt die Regeneration über Nacht, ohne die Verdauung zu belasten.

Ergänzend zur Grundstruktur kann die Nährstoffzufuhr rund ums Training sinnvoll angepasst werden: Ein kleiner kohlenhydratreicher Snack 30–60 Minuten vor der Belastung, sowie eine ausgewogene, proteinreiche Mahlzeit innerhalb der ersten Stunde danach, unterstützen Leistung, Regeneration und Proteinsynthese5.

Auch proteinreiche Zwischenmahlzeiten wie Hüttenkäse mit Gemüse, Edamame oder ein kleiner Linsensalat mit Quinoa helfen, den Tagesbedarf zu decken – besonders an Trainingstagen oder bei längeren Essenspausen.

Nicht zuletzt ist die Flüssigkeitszufuhr entscheidend: Sie unterstützt Verdauung, Temperaturregulation, Konzentration und Stoffwechselprozesse. Als Richtwert gelten 30 bis 40 ml Wasser pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag.

Fazit: Ernährung als stabilisierender Faktor

Eine bewusste Ernährung kann in Zeiten physiologischer Veränderungen mehr als nur den Nährstoffbedarf decken. Sie schafft Struktur, fördert Regeneration, stabilisiert körperliche Prozesse und stärkt das Vertrauen in die eigene Gestaltungskompetenz. Mikronährstoffe wie Vitamin D, Magnesium oder Calcium tragen dazu ebenso bei wie Kreatin – ein Baustein, der weit über den Kraftsport hinauswirkt.

Entscheidend ist nicht die Kontrolle jeder Kalorie, sondern das Verständnis für physiologische Rhythmen, die Relevanz einzelner Nährstoffe und eine alltagstaugliche Struktur. Wer die Zusammenhänge kennt, kann Entscheidungen fundierter treffen und die eigene Ernährung als Ressource erleben – für Kraft, Klarheit und Kontinuität.

Dieser Beitrag ist Teil der Blogreihe auf christinelohr.de. Weitere Informationen, Quellen und vertiefende Inhalte zu den vorhergehenden Teilen finden sich ebenfalls dort – jeweils mit dem Fokus auf fundierte, alltagstaugliche und physiologisch begründete Empfehlungen. Die drei begleitenden Podcast-Folgen aus Bewegtes Leben greifen zentrale Aspekte auf und bieten ergänzende Impulse – sachlich und fokussiert.

  1. Physiologische Veränderungen
  2. Makronährstoffe
  3. Mikronährstoffe, Kreatin & Mahlzeitenstruktur

Quellen:

  1. Balestrino M, Adriano E. Beyond sports: Efficacy and safety of creatine supplementation in pathological or paraphysiological conditions of brain and muscle. Med Res Rev. 2019;39(6):2427–2459. eng. doi:10.1002/med.21590.
  2. Blancquaert L, Vervaet C, Derave W. Predicting and Testing Bioavailability of Magnesium Supplements. Nutrients. 2019;11(7). eng. doi:10.3390/nu11071663.
  3. Candow DG, Forbes SC, Ostojic SM, Prokopidis K, Stock MS, Harmon KK, Faulkner P. „Heads Up“ for Creatine Supplementation and its Potential Applications for Brain Health and Function. Sports Med. 2023;53(Suppl 1):49–65. eng. https://​link.springer.com​/​article/​10.1007/​s40279-023-01870-9. doi:10.1007/s40279-023-01870-9.
  4. Capozzi A, Scambia G, Lello S. Calcium, vitamin D, vitamin K2, and magnesium supplementation and skeletal health. Maturitas. 2020;140:55–63. eng. doi:10.1016/j.maturitas.2020.05.020.
  5. Churchward-Venne TA, Holwerda AM, Phillips SM, van Loon LJC. What is the Optimal Amount of Protein to Support Post-Exercise Skeletal Muscle Reconditioning in the Older Adult? Sports Med. 2016;46(9):1205–1212. eng. https://​pubmed.ncbi.nlm.nih.gov​/​26894275/​. doi:10.1007/s40279-016-0504-2.
  6. El-Fakhri N, McDevitt H, Shaikh MG, Halsey C, Ahmed SF. Vitamin D and its effects on glucose homeostasis, cardiovascular function and immune function. Horm Res Paediatr. 2014;81(6):363–378. eng. doi:10.1159/000357731.
  7. Hua Y, Huang W, Wang F, Jing Z, Li J, Wang Q, Zhao Y. Metabolites, gene expression, and gut microbiota profiles suggest the putative mechanisms via which dietary creatine increases the serum taurine and g-ABA contents in Megalobrama amblycephala. Fish Physiol Biochem. 2023;49(2):253–274. eng. doi:10.1007/s10695-023-01177-6.
  8. Kreider RB, Jäger R, Purpura M. Bioavailability, Efficacy, Safety, and Regulatory Status of Creatine and Related Compounds: A Critical Review. Nutrients. 2022;14(5). eng. doi:10.3390/nu14051035.
  9. Smith-Ryan AE, Cabre HE, Eckerson JM, Candow DG. Creatine Supplementation in Women’s Health: A Lifespan Perspective. Nutrients. 2021;13(3). eng. doi:10.3390/nu13030877.
  10. Terrell K, Choi S, Choi S. Calcium’s Role and Signaling in Aging Muscle, Cellular Senescence, and Mineral Interactions. Int J Mol Sci. 2023;24(23). eng. doi:10.3390/ijms242317034.
  11. Wohlgemuth KJ, Arieta LR, Brewer GJ, Hoselton AL, Gould LM, Smith-Ryan AE. Sex differences and considerations for female specific nutritional strategies: a narrative review. J Int Soc Sports Nutr. 2021;18(1):27. eng. doi:10.1186/s12970-021-00422-8.